Tradition und Gemeinsinn
Joos Holzbau seit 1899
Tradition und Gemeinsinn
Joos Holzbau seit 1899
Die Familie Joos reicht Jahrhunderteweit in die Geschichte Nonnenhorns und des alemannisch schweizerischen Raums zurück. Es spricht viel dafür, dass frühe Vorfahren im Zuge der Walserwanderungen im 13. und 14. Jahrhundert aus dem Wallis und dem Rhonetal in die Bodensee-Region gelangten. Die Walser beherrschten besondere Kulturtechniken wie die Höhenlandwirtschaft und befreiten sich so aus feudaler Leibeigenschaft. Man nannte sie deshalb auch „Freie Walser“. Über einen Bogen von 300 Kilometern Länge verteilen sich heute noch rund 150 Walsersiedlungen in den Alpen. Man war gut alemannisch, pflegte Traditionen und Glauben, aber man orientierte sich nicht an Grenzen. Man blieb dort, wo man glaubte, gut zurechtzukommen.
In Nonnenhorn ist die Familie Joos nachweislich seit dem 18. Jahrhundert beheimatet, vermutlich aber noch länger. Der 1767 geborene Anton Joos bewohnte Haus Nr.6. Dessen Enkel Johann Baptist (1841-1916) verdingte sich zunächst als Postillion am Schweizer Ricken und wohl auch am Gotthard. Daher sollen seine Kenntnisse der italienischen Sprache gestammt haben. Johann Baptist war sicher kein Kosmopolit, aber so etwas wie ein Alpen- Europäer.
Nach seiner Rückkehr nach Nonnenhorn erwarb er 1875 zusätzlich zur Nr. 6 Haus Nummer 33 – den späteren Stammsitz der Familie – und wurde zum Bauern und Winzer. Im Kaufvertrag verpflichtete er sich, zusätzlich zum Kaufpreis von 750 Mark dem Verkäufer – einem Ehepaar Homberger – lebenslang freie Logis, Verköstigung sowie Erstattung von Arzt- und Gesundheitskosten zu gewähren.
Sein Sohn Johann Josef war nicht nur das erste Mitglied der Joos-Sippe, das im Stammhaus geboren wurde; er gründete dort auch Ende 1899 die Zimmerei Joos. Dem Schritt in die Selbstständigkeit waren harte Lehr- und Wanderjahre vorausgegangen. Die Lehre absolvierte Johann Josef (1890 bis 1893) bei Zimmermeister Max Schnell in Hattnau. Dafür mussten die Eltern noch Lehrgeld bezahlen, geschweige denn, dass es Lohn dafür gegeben hätte. 1893 wechselte er zur Zimmerei Stadler in Weissensberg. Das bedeutete: Des Morgens zwei Stunden Anmarsch, dann folgte ein elfstündiger Arbeitstag, danach zwei Stunden Heimweg – ein strammer 15-Stunden-Tag.
Nach mehreren Jahren wechselte Johann Josef zur Zimmerei Keckeisen in Wangen/Allgäu. Dort bewohnte er eine Gesellenkammer. Samstags durfte er nach getaner Wochenarbeit um 18 Uhr und damit eine Stunde früher als an den anderen Tagen Feierabend machen. Denn vor ihm lag noch ein vierstündiger Fußmarsch nach Nonnenhorn. Dort weichte die Mutter Theresia sofort die Wäsche ein, um sie am Sonntag waschen zu können. Nach Kirchbesuch und Mittagessen ging es dann am Nachmittag auf den Vier-Stunden-Rückweg nach Wangen. Denn montags um sechs Uhr begann die Arbeitswoche, die nach mehr als 80 Arbeitsstunden am Samstag endete.
Diese Härte der Lebensumstände und Kargheit des Daseins wären in unserer heutigen Job Kultur unvorstellbar. Und doch bilden sie die Grundlage für viele heutige Unternehmen und damit auch für unseren heutigen Wohlstand.
In der zweiten Hälfte der 1890er Jahre arbeitete Johann Josef bei Zimmermeister Hotz in Nonnenhorn. Dadurch konnte er wieder bei den Eltern wohnen. Um konkurrenzfähig zu sein, führten Hotz und er größere Zimmereiarbeiten gemeinsam aus. Ende 1899 meldete Johann Josef dann ein eigenes Gewerbe an – gerade noch rechtzeitig, bevor dafür der Meisterbrief gesetzliche Voraussetzung wurde. In dieser Zeit schaffte er sich als einer der ersten in Nonnenhorn ein Fahrrad an, um seine geschäftliche Mobilität zu erhöhen. 1907 übernahmen er und seine Frau Berta von den Eltern das gesamte Anwesen und bauten im selben Jahr eine größere Scheune. Um die Landwirtschaft mit Rindern, Schweinen und Federvieh kümmerte sich Berta, ihr Mann um die Zimmerei. Es wurden mehrere Gesellen und Lehrlinge eingestellt. Doch auch die Familie wuchs: bis 1909 wurden die Söhne Anton, Karl und Johann geboren.
Der 1. Weltkrieg brachte schwere Zeiten für Familie und Betrieb. Am 16. Mai 1916 starb Großvater Johann Baptist und einen Monat später wurde sein Sohn Johann Josef nach München einberufen. Frauen und Kinder waren nun allein für Hof und Firma verantwortlich. Schmuck und Goldmünzen mussten mit Fortdauer des Krieges abgeliefert werden. Außerdem wurden die Bürger immer wieder aufgefordert, Kriegsanleihen zu zeichnen – bei Familie Joos allerdings ohne Erfolg.
Nach Kriegsende gab es in allen Bereichen erheblichen Nachholbedarf, der sich für die Zimmerei positiv auswirkte. Ein Problem war jedoch die galoppierende Inflation. Ein krasses Beispiel für deren Auswirkungen: Jeden Mittag um 12 Uhr wurde der neue Goldmarkkurs festgelegt. Im Gasthaus Lamm/Lindau hatte das zur Folge, dass der Preis für ein Essen, das vor 12 Uhr ausgegeben wurde, für den noch nicht verzehrten Teil nach 12 Uhr vom Wirt neu berechnet wurde. Man kann sich leicht vorstellen, was das für alle wirtschaftlichen Aktivitäten bedeutete, nicht zuletzt für die Zimmerei Joos. Schließlich wurde eine Billion Reichsmark am 1. Dezember 1923 auf eine Rentenmark abgewertet.
1926 starb Großmutter Theresia Joos. Damit endete zugleich ein halbes Jahrhundert Landwirtschaft der Familie Joos in Nonnenhorn.
1928 setzte in Deutschland die Deflation ein: Konkurse, rapide steigende Zinssätze, Bankkräche und hohe Arbeitslosigkeit waren die Folge. Das hatte massive Auswirkungen auf die Zimmerei. So musste sie sich im gesamten Jahr 1932 mit einem einzigen Neubau-Auftrag über Wasser halten. Alles andere waren Reparaturarbeiten.
In diesen Jahren wurden die beiden Söhne von Karl Joos und seiner Ehefrau Maria Joos,
geb. Hener, geboren: Oswald im Jahr 1930 und Wilfried im Jahr 1937.
Am 1. Januar 1935 übernahmen die Brüder Anton und Karl den elterlichen Betrieb, die Geschäftslage verbesserte sich in der Folge spürbar.
Der 2. Weltkrieg stürzte den Betrieb in neue Turbulenzen. Anton und Karl wurden beide eingezogen, letzterer schwer verwundet. Die Mutter Berta starb 1942, der Vater wenige Monate nach Kriegsende.
Anton Joos wurde im Mai 1946 wegen Unterernährung als Todeskandidat aus französischer Gefangenschaft entlassen. Er überlebte aber und nahm zusammen mit seinem Bruder Karl die Tätigkeit in der Zimmerei wieder auf.
Karl Joos spielte nicht nur als Unternehmer, sondern auch in der Politik eine zentrale Rolle für Nonnenhorn. In den ersten freien Wahlen am 15. September 1946 trat er – von allen Seiten dazu gedrängt – als Bürgermeister an. Denn Karl Joos gehörte zu den aus der Nazizeit nicht belasteten Bürgern. Er amtierte bis 1960 als 1. Bürgermeister, danach weitere sechs Jahre als 2. Bürgermeister. Karl Joos bestimmte für zwei Jahrzehnte die Geschicke seiner Heimatgemeinde.
All die Jahre wurde er von seiner Ehefrau Maria Joos, geb. Hener, (1909 – 1997) tatkräftig unterstützt.
Am 1. Januar 1969 übernahm Karls Sohn Wilfried das Zimmereigeschäft, in dem der Vater aber noch 20 Jahre mitarbeitete. Wilfried Joos hatte das Zimmerhandwerk im elterlichen Betrieb erlernt. 1960 legte er die Meisterprüfung ab. Danach war er als verantwortlicher Betriebsleiter im Familienbetrieb tätig.
Im Mai 1991 wurde ein mehr als 400 Jahre alter Weintorkel (Kelter), der sich im Teilbesitz der Familie Joos befand, an die Gemeinde übereignet. Die wuchtige Baumpresse war 1591 erbaut worden und soll einst mit rund 400 Zentnern Gewicht die Trauben gepresst haben. Der Weintorkel wurde 1955 das letzte Mal zum Pressen der Traubenernte benutzt, seit 1978 steht er unter Denkmalschutz. Der Weintorkel, der einer der ältesten im ganzen Bodensee- Gebiet ist, kann in der Gemeinde Nonnenhorn besichtigt werden.
Unterstützt wurde Wilfried Joos all die Jahre von seiner Ehefrau Ferdinanda Joos, geb. Göser. Im Jahr 1990 erwarb sie persönlich das Grundstück Bahnhofstraße 13 im Gewerbegebiet von Nonnenhorn. Sie ließ darauf ein Gewerbeobjekt mit Lagerhalle errichten, das sie zu einem wesentlichen Teil dem Familienbetrieb ihres Mannes zur Verfügung stellte. Das Areal konnte sie durch den Zukauf des angrenzenden, unbebauten Grundstücks (Bahnhofstraße 11) im Jahr 2009 sogar noch erweitern.
Bereits 1999 hatte der älteste Sohn Christoph Joos, Zimmerer- und Dachdeckermeister, die Zimmerei von Vater Wilfried Joos übernommen und führte sie 18 Jahre lang.
Im Juli 2017 wird dann ein neues Kapitel in der 118jährigen Geschichte des Familienbetriebs aufgeschlagen: Der in Nonnenhorn geborene und im Stammhaus aufgewachsene Prof. Dr. Klemens Joos erwirbt von seinem Bruder Christoph Joos die Zimmerei, um sie in der neu gegründeten Joos Holzbau GmbH fortzuführen. Der Betrieb bleibt damit auch in vierter Generation in Familienhand und ist jetzt Teil der Unternehmensgruppe von Prof. Dr. Klemens Joos.
Als erstes wird der Zimmereibetrieb in das Gewerbegebiet von Nonnenhorn verlegt. Hierzu hat die Unternehmensgruppe von Prof. Dr. Klemens Joos bereits im Mai 2017 die beiden familiären Grundstücke in der Bahnhofstraße 11 und 13, erworben, welche seinerzeit von Mutter Ferdinanda Joos gekauft und Anfang 2016 an den jüngsten Sohn Wilfried Joos jun. übertragen wurden.
Die Joos Holzbau GmbH nimmt mit Gründung unmittelbar in diesem Gewerbeobjekt in der Bahnhofstraße ihren Sitz. Nach Einbringung der Zimmerei im Juli 2017 baut die Unternehmensgruppe unter wesentlicher Mitwirkung der neuen Mieterin Joos Holzbau GmbH das Bestandsgebäude (Bahnhofstraße 13) aus. Der Anbau einer neuen Lagerhalle (Bahnhofstraße 11) schafft die Voraussetzung dafür, dass die Betriebsstätten der Zimmerei vollständig in einem Objekt zusammengeführt werden können.
Nach dieser Phase des Übergangs, der Konsolidierung und Neuaufstellung stehen ab dem Jahr 2020 die weitere Modernisierung des Zimmereibetriebs und die Erschließung neuer Geschäftsfelder im Vordergrund der Geschäftstätigkeit der Joos Holzbau GmbH.
Eingebunden in eine leistungsstarke Unternehmensgruppe und geführt von einem modernen Management, sind alle Voraussetzungen geschaffen worden, um die Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte mit Erfolg und in der Tradition des Familienbetriebs zu meistern.
Die Familie Joos hat über vier Generationen mit Bodenständigkeit, harter Arbeit und Modernisierungswillen gegen alle Stürme der Geschichte und persönliche Schicksalsschläge die Zimmerei aufgebaut und bewahrt. Sie hat dabei unternehmerischen Mut und Gemeinsinn gezeigt. Diesem Erbe fühlen sich Geschäftsführung und Belegschaft heute und in Zukunft zutiefst verpflichtet.